Loreleygemeinde Bornich

Die Quellen

Mauerreste

Woher beziehen wir unser Wissen über das frühe und hohe Mittelalter, als der Buchdruck noch nicht erfunden war und die Geschichtsschreibung noch nicht systematisch betrieben wurde? Eine der Hauptquellen ist das Studium von Urkunden, in denen vor allem Rechtsgeschäfte (Lehensverträge, Kauf und Tausch von Gütern, Erbangelegenheiten usw.) schriftlich fixiert und besiegelt wurden. Aus ihnen erfahren wir nicht nur etwas über damalige Besitzverhältnisse, sondern bspw. auch ber Rechtsstellung und Verwandtschaftsverhältnisse der beteiligten Personen sowie über damalige Bräuche und Gepflogenheiten. Allerdings sind diese Quellen nicht immer unproblematisch: bereits im Mittelalter wurden Urkunden in Klöstern und Kanzleien, in denen die Schriftkundigen der Zeit saßen, gefälscht und verändert, zur Mehrung von eigener Macht und Besitz. Selbst die Forscher späterer Jahrhunderte schreckten nicht vor kleinen oder größeren 'Korrekturen' und Erfindungen zurück, um sich und ihre Arbeit in ein besonders günstiges Licht zu rücken oder für sie unlösbare geschichtliche Widersprüche stimmig zu machen. Vieles ist heute nicht mehr nachprüfbar, Lese- und Übersetzungsfehler (ältere Urkunden sind im mittelalterlichen Latein verfaßt können nicht mehr korrigiert werden, weil Unterlagen, die im 18. oder 19. Jahrhundert noch vorhanden waren, heute verschwunden sind oder im Krieg zerstört wurden. Für die Historiker ist es nicht immer einfach, Fälschungen von Tatsachen zu unterscheiden, vor allem dann, wenn die Originalurkunden heute nicht mehr auffindbar und nur in Abschriften auf unsere Zeit gekommen sind.

Ein besonders prägnantes Beispiel forscherischer 'Erfindungsgabe' betrifft auch unsere Geschichte der Ritter von Heppenheft. Die Fürsten von Salm-Salm, ihres Zeichens Nachfahren der Rheingauer Rheingrafen, beschäftigten Ende des 18., Anfang des 19. Jahrhunderts den Archivar Schott (gest. 1823), der die Urkunden der Familie betreute und sich zum Ziel gesetzt hatte, eine Geschichte des rheingräflichen Hauses zu schreiben. Schott, der die Vergangenheit seiner Arbeitgeber möglichst großatig und glänzend darstellen wollte, fertigte eine große Anzahl von Abschriften mittelalterlicher Urkunden an, die jedoch zu einem guten Teil seiner Phantasie entsprungen waren. Nachfolgende Forscher übernahmen die Abschriften Schotts und sahen sie lange Zeit als echt an, einige, unter ihnen Bodmann, nahmen es selbst mit der Wahrheit nicht so genau und fügten eigene Erfindungen hinzu. Bis heute geistern in der Literatur und den Urkundenbüchern die Fälschungen des 18. und 19. Jahrhunderts umher. Dies trifft auch für die Heppenhefter Ritter zu, an denen sich Schott besonders interessiert zeigte, da sie mit den Rheingrafen eng verwandt zu sein schienen. Das zwingt uns, zu Beginn unserer Ausführungen zunächst von einem alten, immer weitergetragenen Mythos Abschied zu nehmen.

© Dr. Margit Goettert in Zusammenarbeit mit Gerhard Friese 24.03.2002

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